Direkt vom Bagger

Baggerbesetzung des auto[No]men Fingers
Der auto[No]me Finger, welcher den Bagger auf dem 3. Level am Samstag besetzt hat, hat dieses Statement geschrieben.
Es hier zu veröffentlichen ist unter anderem auch deshalb notwendig, weil es ihnen selber durch den Eingriff in die Pressefreiheit und die Arrestierung des Journalisten vorerst unmöglich ist.

Am Samstag, den 27.10.18, haben ca 40 Menschen um 7:00 einen Kohlebagger auf dem 3. Level des Hambacher Tagebaus besetzt und 8 Stunden lang gehalten. Diese Aktion fand im Rahmen der Aktionstage von Ende Gelände statt (und orientierte sich an dessen Aktionskonsens), wurde aber autonom durchgeführt. Nach den skandalösen Räumungen und Polizeieinsätzen der letzten Wochen, im und um den Hambacher Forst, boten die Aktionstage von Ende Gelände, mit all ihrer Infrastruktur, Aufmerksamkeit und der enormen Masse an Menschen eine geeignete Gelegenheit um eine dezentrale Kleingruppenaktion durchzuführen und selbst mit einer größeren Gruppe nicht bemerkt zu werden. Durch die Gesamtheit der vielen Einzelpersonen und die Bezugsgruppenstruktur konnten Entscheidungen schnell getroffen werden um so auf Bedürfnisse einzugehen. Dadurch gelang uns eine hierarchiefreiere Umsetzung in der Planung und der Aktion selber.

Wir haben uns für eine Baggerbesetzung entschieden, weil sie es ermöglicht mit verhältnismäßig wenig Menschen und Aufwand einen großen Effekt zu erzielen und Kohle-Infrastruktur zu stören – und wir einfach Lust drauf hatten. Der Energiegigant „RWE-Power AG“ trägt mit seinen Projekten, die direkte Verantwortung für das Leid, das unzähligen Lebewesen auf der ganzen Welt – vor allem im globalen Süden – , durch das voranschreiten des Klimawandels, widerfährt. Doch auch, wenn sich diese Aktion gegen die Infrastruktur des Großkonzerns RWE richtete, gilt unsere Kritik der zerstörerischen kaptialistischen Logik. Mit der Fetischisierung von Privateigentum und dem System, das Profite über das Leben von Menschen, Lebewesen und der gesamten Natur stellt wird rücksichtslos unser aller Zukunft bedroht. In einer Welt, in der diese gewaltige Zerstörung „rechtlich erlaubt“/“rechtmäßig“ ist, halten wir Widerstand für Pflicht und mehr als legitim und stellen diese Rechtmäßigkeit in Frage.

Außerdem wollten wir allen, die sich trotz aller Sinnlosigkeit der Einsätze der letzten Wochen noch davor verschließen die Notwendigkeit von solchen Aktionen Zivilen Ungehorsams zu akzeptieren, zu verstehen und zu unterstützen, mal die Frage stellen: „SEID IHR EIGENTLICH BESCHEUERT?“.

RWE-Mitarbeiter, Securities und Polizeieinsatzkräfte, die während der Räumungen vor Ort waren sollen sich davon ebenso angesprochen fühlen. Obwohl ihnen, noch bevor Menschen auf den Bagger geklettert sind, mitgeteilt wurde, dass sich diese Aktion nicht gegen sie richtet und friedlich verlaufen wird, wurde den Aktivisti der Aufgang gewaltsam versperrt. Sie wurden mit laufenden Hochdruckwasserschläuchen empfangen, bei 4°C, was eine klare Körperverletzung darstellt und extrem gefährlich ist, da wir außerhalb der sicheren Strukturen herumklettern mussten und dabei weiterhin nass gespritzt wurden.

Der zur Unterstützung eintreffende Werksschutz von RWE, welcher nach ca. 5 Minuten eintraf bahnte sich dann teils grob, teils gewaltsam an den Aktivisti vorbei den Weg nach oben. Ein Mensch in der Sitzblockade vor einer der Aufstiege bekam dabei ein Knie in den Rücken gerammt und einen Tritt am Kopf ab.

Auf dem Bagger versuchten Arbeiter durch gewaltsames fixieren von Menschen, die Aktivisti daran zu hindern weiter hochzuklettern. Teilweise begaben sie sich dabei durch unsichere Kletteraktionen selbst in enorme Lebensgefahr.

Die übermäßige Gewaltanwendung, die bei dem Festsetzen von Menschen auf den verschiedenen Ebenen vom Werksschutz ausgeführt wurde, musste von der Polizei, nach ihrem Eintreffen, ausführlich gestoppt werden.

Dennoch wurden Menschen, welche von der Gewalt betroffen waren und klar mit der Polizei kommunizierten, dass sie dagegen Anzeige erstatten wollen, wiederholt ignoriert. Dies war nicht der einzige Vorfall, von klar rechtswidrigem Verhalten der Polizei.

Ein Journalist, welcher sich der Aktion den Aktivisti angeschlossen hatte, um mit deren Veröffentlichung eine neutrale Sichtweise der Öffentlichkeit zu ermöglichen, wurde nachdem er mit seinem Presseausweis auf die Polizei zuging, unter Arrest gestellt und ihm wurde seine Kamera und anderes Equipment entwendet. Nach Protest und dem Verweis auf die Pressefreiheit wurde er als erstes von den anderen Isoliert und ohne seine Sachen in den, von RWE gestellten, GeSa-Transporter gesetzt. Trotz seiner Personalienangabe, saß er ca 10 Stunden in der GeSa und bekam seine Kamera bis zu dem jetzigen Zeitpunkt nicht wieder und nicht einmal ein Beschlagnahmungsprotokoll.

Für weitere Informationen könnt ihr euch auf seinem Twitter-Account informieren. – https://twitter.com/revomage Bei der Räumung der Aktivisti, auf und unter dem Bagger, kam es in einigen Fällen zu übertriebenen Gewaltanwendung, seitens der Polizei.

Menschen die sich weigerten von selber aufzustehen, wurden mit verschiedenen Schmerzgriffen behandelt – unter anderem ein Griff der sich „Karpfengriff“ nennt und wie ein Aktivisti mithöhrte wohl bereits illegal ist. Selbst wenn Menschen, gezwungen von ihren Schmerzen, anfingen zu kooperieren hörte die Polizei nicht auf, sondern griff teilweise noch härter zu. Ein Mensch schien bereits ohnmächtig zu werden, ein anderer biss sich auf die Zunge durch das viel zu lange Zudrücken der Polizei und einem weiteren Menschen knackte das Handgelenk, als dieser, ohne Widerstand zu leisten, mit beiden Armen hinterm Rücken abgeführt wurde. Bei der Auflösung von ineinandergehakten Menschen wurde sich teilweise von oben auf diese draufgestellt, und ein Mensch mit Tritten auf Genitalien und Mitten in die Brust traktiert. Im Endeffekt erlitten mehrere Aktivisti Verletzungen, neben einigen blauen Flecken und Knieschmerzen gingen noch zwei Menschen mit einem Kapselriss im Finger aus der Aktion raus. Zusätzlich zur physischen Gewalt, sollte die psychische Gewalt des Polizeieinsatzes nicht unterschätzt und vergessen werden.

Die Aktivisti wurden schikaniert, gedemütigt und beleidigt. Beispielsweise durch Ganzkörperuntersuchungen und Einschüchterungsversuche, diese in Anwesenheit von nicht gleichgeschlechtlichen Polizisten zu erzwingen. Die Isolation einer nicht deutschsprachigen Person zeigt auch den sexistischen und rassistischen Charakter der staatlichen Organe.
Trotz all dieser Versuche uns mit ihrer Repression zu brechen, genießen wir die wiedererlangte Freiheit, welche nur bis zum abend auf sich warten lies.

Rückblickend können wir sagen, dass die gesamte Aktion super verlaufen ist, wir konnten gut aufeinander aufpassen und für einander da sein. Während der gesamten Aktion hatten wir eine entspannte und fröhliche Stimmung. Selbst beim Einsinken in den Matsch beim Durchkriechen der Förderbänder – welche durch ziehen der Notseile stoppbar sind – ließen wir uns nicht vom Weitergehen abhalten. Vor allem das Herunterrutschen der Abbruchkanten hat uns riesen Spaß gemacht. Es war viel einfacher als gedacht in die Mine zu gelangen und lange unentdeckt zu bleiben. Das Gefühl als am Ende die gesamte Gruppe vor und auf dem Bagger stand und saß war sehr ermächtigend.

Wir hoffen ihr fühlt euch durch unsere Schilderungen ermutigt und vergesst nicht – Solidarität ist immer stärker als Repression!.

Mit widerständlichsten Grüßen

Der Auto[No]me Finger


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